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„Orientteppiche sind für mich das Paradies“
Mustafa Kashi, Sohn einer angesehenen persischen Familie, betreibt am oberen Zürichsee einen florierenden Teppichhandel und bietet auch weitere Dienstleistungen an, etwa die Reparatur und Reinigung von Teppichen oder deren Einschätzung. Zudem hat er eine spannende Lebensgeschichte zu erzählen.
«SHIRIN» steht in Grossbuchstaben am Gewerbehaus Etzelpark in Pfäffikon SZ am oberen Zürichsee. Shirin ist ein weiblicher Vorname aus Persien, der «die Süsse», «die Schöne» oder «die Angenehme» bedeutet. Welche Art von Geschäft die Shirin GmbH betreibt, verrät der andere Firmenname: «Fliegender Teppich». Betrieben wird das Unternehmen von Mustafa Kashi mit Jahrgang 1955, der viel jünger aussieht, perfekt Deutsch spricht, mit einer Zürcherin aus einer bekannten Familie verheiratet ist, drei erwachsene Kinder hat und eine abenteuerliche Geschichte zu erzählen weiss. Doch davon später. Kashis Unternehmen bietet auf rund 3000 Quadratmetern alles an, was mit Teppichen zusammenhängt: ein Einzelhandel für Privatpersonen, die unter unzähligen handgefertigten Teppichen wählen können, alten und neuen, preisgünstigen und äusserst wertvollen. Zu den Kunden zählt Shirin auch Möbel- und Einrichtungshäuser, Innenarchitekten und Dekorationsgeschäfte. Dann gibt es unter demselben Dach einen Grosshandel. Und schliesslich sind in einem weiteren, sorgfältig abgeschirmten Raum zollfreie Stücke gelagert, die später je nach Bestellung unter den Argusaugen von Zollbeamten in versiegelten Lastwagen ins Ausland gebracht werden.
Anerkanntes Fachwissen
Mustafa Kashi studierte in den 1970er-Jahren an der Kunstakademie der Universität Teheran Kunst und Orientteppiche. Erste Erfahrungen als Teppichverkäufer gewann er im Bazar von Teheran. Später bildete er sich in den USA und England weiter. Er erwarb ein Diplom als Experte für Orientteppiche und wurde zum international anerkannten Fachmann.


Bei der Shirin GmbH profitieren Kunden von diesem Know-how. Kashi und seine Mitarbeitenden können von jedem Teppich erklären, wie alt er ist, woher er stammt, wie und aus welchen Materialien er gefertigt wurde. Und auch Reparatur- und Reinigungsarbeiten werden sorgfältigst erledigt: «Alle Arbeitsvorgänge, inklusive der Tiefenreinigung, werden durch qualifiziertes und erfahrenes Fachpersonal durchgeführt. Wir behandeln Teppiche nicht maschinell; jedes Stück wird einzeln begutachtet und von Hand bearbeitet.» So könne man, sagt Mustafa Kashi, für jeden Teppich ein individuelles Programm erstellen. Als Mustafa Kashi in die Schweiz kam, war das Interesse an Orientteppichen beachtlich. Deshalb eröffnete er, zusammen mit Investoren aus der Schweiz und den USA, bald ein erstes Engros-Geschäft in Zürich, später die Shirin-Galerie in Pfäffikon, bei der heute rund 25 Angestellte tätig sind und die zu den grössten Fachgeschäften für Orientteppiche in der Schweiz gehört. «Viele Kunden kommen von weit her, um sich bei uns mit schönen Orientteppichen einzudecken», freut sich der Patron. Regelmässig treffen Lieferungen mit Teppichen aus Persien, Pakistan, China, der Türkei und weiteren Knüpfgebieten ein. «Durch den regen Kontakt mit den Lieferanten im Orient können wir einzigartige Qualität garantieren»,
sagt Kashi. «Alle von uns eingekauften Teppiche wurden bereits in den Herstellungsländern durch unser qualifiziertes Fachpersonal geprüft.»
Swissair statt fliegender Teppich
Der fliegende Teppich – und jetzt kommen wir zu Mustafa Kashis persönlicher Geschichte –, dieses beliebte und überaus kommode Transportmittel aus der orientalischen Märchenwelt, war schon bei den Helden aus Tausendundeiner Nacht beliebt: In jüngeren Ausgaben der Märchensammlung, die aus Indien über Persien und die arabische Welt nach Europa gelangte, nutzen Aladin und seine Prinzessin Jasmine ebenso wie Prinz Ahmed und die Fee Pari Banu den fliegenden Teppich, um schnell von einem Abenteuer ins nächste zu gelangen. Mustafa Kashi hingegen kam einst ganz prosaisch mit der damaligen Swissair in die Schweiz, kurz vor der Islamischen Revolution 1979, und die Umstände waren nicht märchenhaft, sondern tragisch. Kashi stammt aus einer angesehenen und reichen persischen Familie. Sein Vater war ein Vertrauter des letzten persischen Monarchen, Schah Mohammad Reza Pahlavi, und diente jahrelang als dessen Ölminister. 1960 war er an der Gründung der Organisation Erdölexportierender Staaten OPEC beteiligt. «Einmal pro Woche musste mein Vater beim Shah rapportieren», erzählt Mustafa Kashi. «Manchmal nahm er mich mit; ich spielte dann mit den Kindern des Shahs», erzählt der Teppichfachmann in seinem Geschäft in Pfäffikon. Und zweimal pro Jahr durfte die Familie Kashi in der Villa Suvretta, die der Shah in St.Moritz besass, Ferien machen.

Der Revolution zum Opfer gefallen
Doch dann zerbrach die Welt der Familie Kashi. In der zweiten Hälfte des Jahres 1978 legten landesweite Streiks die persische Wirtschaft lahm, und es fanden Massendemonstrationen gegen die Shah Herrschaft statt. Im Januar 1979 verliess der Schah das Land; wenige Tage später kehrte der religiöse Führer Ajatollah
Khomeini aus dem Exil zurück. Am 1. April 1979 wurde die Monarchie offiziell durch die Islamische Republik ersetzt, eine theokratische Diktatur, die heute noch besteht. Kashis Vater hatte das Unheil kommen sehen. «Er sagte mir, ich müsse das Land verlassen. Sonst würde ich umgebracht.» Kashi flog in die Schweiz.




Khomeini setzte die Herrschaft der schiitischen Geistlichkeit mit äusserster Brutalität durch. Ein Mittel waren die Revolutionsgerichte. Zu deren Vorsitzendem ernannte Khomeini den Geistlichen Sadegh Khalkhali, der alsbald den Beinamen «Der Blutrichter» oder «Der Henker der Revolution» erhielt. Khalkhali verhängte die Todesurteile meist nach kurzen Scheinprozessen und schickte so Tausende von ehemaligen Schah-Getreuen, Oppositionellen oder Angehörigem von Minderheiten in den Tod. So auch den ehemaligen Premierminister Amir Abbas Hoveyda, mehrere Generäle und Minister des Schahs – unter ihnen Mustafa Kashis Vater.
Dem Tod entronnen
«Ich habe von der Hinrichtung meines Vaters aus den Medien erfahren», sagt Kashi, «und das hat mich in eine psychische Krise gestürzt.» Zudem zog das Mullah-Regime das Millionenvermögen der Familie ein, was Mustafa Kashi ein paar Jahre später selber fast das Leben gekostet hätte. Er kehrte nämlich drei Jahre später nach Persien zurück und versuchte mithilfe eines Anwalts, mindestens einen Teil des Erbes seiner Eltern zu retten.
Doch «eines Tages rief mich mein Anwalt spät am Abend an und sagte, er habe ein Ticket für den Swissair-Flug am nächsten Morgen um sieben gekauft. ‘Wenn du nicht fliegst, bist du morgen Abend tot’, sagte der Anwalt.» Kashi liess sich überzeugen und reiste ab. Schon vor der Revolution hatte Kashi einen äusserst wertvollen Seidenteppich im Gepäck für die damalige Reise in die Schweiz. Das über 200 Jahre alte Prachtstück aus der Region Kaschan im zentralen persischen Hochland ein paar Hundert Kilometer südlich der Hauptstadt Teheran zierte einst das Haus der Familie; heute hängt es im Büro in Pfäffikon. «Vor der Coronapandemie wollte das Landesmuseum den Teppich erwerben», sagt sein Besitzer. Aber das Erb- und Erinnerungsstück von unschätzbarem Wert ist unverkäuflich. «Für mich sind Teppiche nicht einfach Waren; ich habe einen starken emotionalen Bezug zu ihnen», sagt Mustafa Kashi. «Teppiche sind Liebe, Freude und Kultur. Ja, ich würde sagen: Orientteppiche sind für mich das Paradies.»
- Arthur K. Vogel


100% WIR
Beim «Fliegenden Teppich» kann zu 100% mit WIR
bezahlt werden. Er habe schon früh die Notwendigkeit erkannt, mit der Bank WIR zusammenzuarbeiten, sagt Geschäftsinhaber Mustafa Kashi: «Hoteliers, die z.B. alle Zimmer mit Teppichen ausstatteten, wollten und konnten diese in WIR bezahlen.» Er kann das WIR-Geld bei seinen Partnern ausgeben, die damit vor allem im Immobiliengeschäft tätig sind.